Sabine Thiesler – Der Keller

Sabine Thiesler – Der Keller

rezensiert von Nicole am 23.11.2019
-Rezensionsexemplar-

Titel: Der Keller
Reihe: abgeschlossenes Buch
Autor: Sabine Thiesler
Genre: Thriller
Verlag: Heyne Verlag
Seitenanzahl: 480
Erscheinungsdatum: 23.09.2019
ISBN-10: 3453271483
ISBN-13: 978-3453271487
Bildquelle/Klappentext: Amazon

Hannah und Heiko sind glücklich verheiratet und freuen sich auf ihr erstes Kind. Da erreicht Hannah der Hilferuf ihres Vaters: Ihre Mutter sei depressiv und selbstmordgefährdet, Hannah möge doch bitte kommen. Trotz ihrer Schwangerschaft fliegt sie in die Toskana, wo ihre Eltern ein Ferienhaus besitzen. Im Flugzeug lernt sie einen charmanten Herrn kennen, und da der Flieger erst am späten Abend in Florenz landet, nimmt sie die Einladung des sympathischen Fremden zu einem Abendessen in seinem Palazzo gerne an. Seitdem gibt es von Hannah kein Lebenszeichen mehr. Ihre Familie ist vollkommen verzweifelt, und auch die Polizei ist ratlos. Denn Hannah ist nicht die letzte junge Frau, die in der Toskana spurlos verschwindet.

Dies war das erste Buch, welches ich von Sabine Thiesler gelesen habe und nun habe ich das dringende Bedürfnis, mich an ein weiteres Werk der Autorin zu wagen.

Das liegt nicht etwa daran, weil ich „Der Keller“ einfach nur überaus grandios fand, sondern primär daran, dass ich gerne wissen möchte, ob der Schreibstil, wie ich ihn in dem Buch kennen gelernt habe, generelles Programm ist.

Ich habe so einige persönliche Kritik zu äußern, kann aber dennoch mit Überzeugung sagen, dass ich durchweg spannende Lesestunden hatte. Diese Kombi kommt bei mir nicht allzu oft vor.

Um das mal zu konkretisieren: die Story hat mich von Anfang an so richtig gefesselt und gefangen genommen. Ich habe mitgefiebert und wollte unbedingt mit jeder Seite tiefer in das Geschehen eintauchen und mehr erfahren.

Besonders gefallen hat mir, dass die Autorin sich einer sehr perversen Thematik gewidmet hat, die sich wirklich mal von den üblichen Mainstream-Abartigkeiten abhebt. Mich hat es regelrecht gegruselt, angewidert und gleichzeitig schockiert, weil auch die Täter aus ganz anderen Kreisen kommen, wie man es grundsätzlich erwartet.

Der Thriller ist weder laut, noch rasant, sondern lebt von der Stille, der Atmosphäre und den Gedanken der Charaktere, die uns die Autorin mit auf den Weg gibt.

Wir tauchen dabei im Laufe der Geschichte in die Gefühlswelten so einiger Charaktere ein. Teilweise sogar sehr tiefgründig, was der Geschichte eine gewisse Authentizität verleiht, wo grundsätzlich gar kein realer Glaube vorhanden sein dürfte! Das war schon großartig.

Zu Beginn wurden mir einige Protagonisten sehr ausführlich vorgestellt. Ich dachte, dass ich nun das Geschehen mit ihnen bestreiten werde, doch dann sind sie „ruckeldizuck“ einfach so aus dem Buch verschwunden und kein Wort wurde mehr über sie verloren. Das fand ich sehr schade, denn ich fragte mich, wozu ich all die Leute eigentlich so detailliert kennen gelernt habe.

Manch andere Protagonisten sind mir ebenfalls sehr intensiv begegnet, allerdings konnte ich ihre Handlungen leider dennoch nicht so ganz nach empfinden. Ich hätte sie einfach aufgrund der Erzählungen anders eingeschätzt.

Dann gab es Protagonisten, die waren halt da und ich konnte sie weder greifen noch verstehen, sondern lediglich den Kopf über sie schütteln. Diese Charaktere waren zwar ein wichtiger Teil der Geschichte, ihnen hat aber das nötige Charisma gefehlt um mich an sie zu binden.

Und zu guter letzt gab es dann noch eine Protagonistin, von der hätte ich einfach gerne noch viel mehr Gedanken gekannt, um Beweggründe ihrerseits auch nur ansatzweise nachvollziehen zu können. Doch diese Dame blieb leider sehr blass, obwohl sie für mich der interessanteste Charakter von allen war.

Für mich hat hier einfach generell die Verteilung der Charaktere nicht gepasst. Es gab zu viele Hauptprotagonisten, bzw. es wurde auf zu viele Charaktere ein intensives Augenmerk gelegt. Das hat bei einigen ganz gut geklappt, aber logischerweise nicht bei allen, denn dann hätte das Buch einfach viel mehr Seiten haben müssen um auch allen gerecht zu werden.

Die Autorin hat einen allwissenden Erzähler gewählt, der durch die Geschichte führt, insofern wäre es schon gut machbar gewesen, allen Charakteren den nötigen Raum zu geben, den sie für diese Story meiner Meinung nach auch gebraucht hätten, damit alles rund wirkt und auch ist.

So bleibe ich nun leider mit so einigen ungeklärten Antworten zurück und habe viele Fragen, die ich nicht mehr stellen kann.

Ich muss dazu sagen, dass ich persönlich den allwissenden Erzählstil grundsätzlich nicht mag. Er ist mir meistens einfach zu unpersönlich und ich habe Probleme, mit allen mitzufühlen. Da mir hier die grundsätzliche Story wahnsinnig gut gefallen hat, konnte ich aber sogar darüber hinweg sehen und mich damit anfreunden, auch wenn ich im Endergebnis einige Protagonisten gerne noch tiefer kennen gelernt hätte.

Ein wahnsinnig fesselnder, ruhiger und atmosphärischer Thriller mit Tätern ohne „Mainstream-Abartigkeiten“, wo aber leider nur an der Oberfläche einiger Charaktere gekratzt wurde. Ich hätte gerne tiefer in den Kopf mancher geblickt.

So hatte ich zwar spannende Lesestunden, mit einer wirklich mal anderen Geschichte, aber die generelle Umsetzung war mir nicht rund genug. Teilweise waren die Kapitel und Protagonistenvorstellungen zu abgehackt oder gehetzt, wo ich mehr Zeit und Tiefgang benötigt hätte, um mich gänzlich an die Geschichte zu binden.

☼eure Nicole☼

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