Leonie Haubrich – Der Knochenmacher
rezensiert von Nicole am 15,07.2018
– Rezensionsexemplar –
Titel: Der Knochenmacher
Reihe: abgeschlossenes Buch
Autor: Leonie Haubrich
Genre: Psychothriller
Verlag: Independently published
Seitenanzahl: 248
Erscheinungsdatum: 30.05.2018
ISBN-10: 1983037796
ISBN-13: 978-1983037795
Bildquelle/Klappentext: Amazon
Ich bin kein Mörder. Ich bin kein Mörder! Ich bin … »Der Knochenmacher«, der neue Psychothriller von Leonie Haubrich. Thomas brauchte nur ein paar Handgriffe, um ihre Arme und Beine an je einem Tischbein zu fixieren. Die einzige Bewegung, die sie noch ausführen konnte, war, den Kopf von einer Seite zur anderen zu schleudern. Sie versuchte, sich aufzurichten und ihm mit ihrer Stirn einen Kinnhaken zu versetzen. »Das habe ich auch probiert«, lachte er. »Und bin genauso gescheitert wie du. Weißt du, wie sie es nennen? Paranoide Psychose. Ein schöner Begriff für das natürliche Gefühl, das sich in einer solchen Situation einstellt.« Thomas Juchmann kann aus dem Maßregelvollzug fliehen. Er ist nur von einem Gedanken getrieben: Rache an denjenigen, wegen denen er verurteilt wurde. In der Psychiatrie eingesperrt für einen Mord, den er nie begangen hat. Aber ist er wirklich besser als die Bestie, für die ihn alle halten?
„Der Knochenmacher“ ist eine Neuüberarbeitung von dem Buch „Die Sprache des Schmerzes“. Das sollte man vielleicht im Vorfeld wissen.
Ich habe den ursprünglichen Titel erst nach dem Lesen erfahren und finde ihn wesentlich passender, denn hierzu kann ich einen Bezug finden, der für mich beim neuen Titel nur am Rande greifbar war.
Unter dem aktuellen Titel und dem Cover habe ich tatsächlich etwas ganz anderes erwartet, denn beides passt in die übliche Psychothriller-Schublade. Allerdings gehört „Der Knochenmacher“ für mich keinesfalls in dieses voreingenommene Schubfach!
Dieses Buch ist weder sehr rasant noch wirklich unvorhersehbar geschrieben und es lebt nicht von den großen Überraschungsmomenten. Einige gibt es sicherlich, aber man erwartet sie nicht unbedingt.
Vielmehr ist es für mich eine hochkarätig dramatische und absolut emotionsgeladene, grundehrliche und vor allem authentische Geschichte über 3 unverstandene Menschen und ich liebe sie!
Thomas, der aus der Psychiatrie geflohen ist, um Rache an dem Mann zu üben, der für seine Verurteilung verantwortlich ist, steht natürlich absolut im Fokus der Geschichte.
Jedoch bekommen wir zudem noch zusätzliche Einblicke in die Gefühlswelt eines kleinen Jungen namens Jan und der Psychologin Liz und müssen bald fest stellen, dass alle 3 ihre eigenen persönliche Probleme haben und sie das Schicksal zueinander führt.
Ohne zu viel inhaltlich zu verraten: wir erfahren, wie falsch eingeschätzte Fremdeinwirkung in voller Selbstüberzeugung getroffen, ausgehen kann. Wir sehen, was passiert, wenn Menschen auf einer anderen Ebene kommunizieren und sich unverstanden fühlen und aneinander vorbei reden. Was geschieht, wenn jemand, der mit guten und verständnisvollen Absichten einfach nur helfen will und selbst zum Opfer wird? Wie wirken sich Entscheidungen aus, die oberflächlich getroffen werden, ausschließlich auf der Basis „was das Auge sieht“ ohne einen Blick hinter die Fassade zu werfen?
Das Ganze wird so authentisch und natürlich erzählt, dass ich mich absolut hinein fühlen konnte und das Geschriebene mich an einigen Stellen sogar zum Weinen gebracht hat.
Die Frage, die ich mir während dem Lesen ständig gestellt habe war: Sollte man mit einem Täter wirklich so mitfühlen können? Ich hatte allerdings nicht wirklich eine Wahl, denn die Autorin erzählt Thomas Geschichte so hautnah, ehrlich und vor allem realistisch, dass man sich einfach in ihn hinein fühlen muss und seine Handlungen tatsächlich aus seiner Sicht nachvollziehen kann. Ob ich damit richtig gelegen habe, tja, das muss ein jeder beim eigenen Lesen, für sich selbst heraus finden.
Selten habe ich jedenfalls bei einem Buch so viel „hinter der Kulisse“ nachgedacht, denn die Geschichte hält neben einer durchweg spannenden Handlung so viele Botschaften bereit, die sich ein jeder zu Herzen nehmen sollte.
Ein kleiner Kritikpunkt von mir wäre, dass der Geschichte 50 – 100 Seiten zusätzlich, tatsächlich noch gut getan hätte um perfekt zu sein. Obwohl ich mich in alles und jeden gut hinein versetzen konnte, hätte ich gerne einiges noch ausführlicher geschrieben gelesen. Manche Szenenwechsel wirkten hin und wieder leicht abgehackt. Das wäre aber nur das i-Tüpfelchen gewesen.
So bekommt „Der Knochenmacher“ eine glasklare Leseempfehlung von mir, primär für Leser, die spannende und schonungslos realistische Lektüre mit Tiefgang mögen.
Ein kurzer, aber knackiger und sehr tiefgründiger Thriller. Es ist kein typischer Psychothriller im klassischen Sinne, aber wer authentische Spannungsromane mag, die zum Nachdenken anregen, der macht mit diesem Buch alles richtig.
☼eure Nicole☼