Janna Ruth – Der Herr der wilden Jagd

Janna Ruth – Der Herr der wilden Jagd

rezensiert von Nicole am 10.02.2020
-Rezensionsexemplar-

Titel: Der Herr der wilden Jagd
Reihe: Die Wylde Jagd 2, (Das Gute und Das Böse 2/2)
Autor: Janna Ruth
Genre: Märchenadaption
Verlag: Machandel Verlag
Seitenanzahl: 131
Erscheinungsdatum: 13.02.2020
ISBN-10:
ISBN-13:
Bildquelle/Klappentext: Amazon

Zwei Geschwister
Ein Feenkönig
Eine tödliche Jagd

Wenn des Nachts die Dächer im Sturm klappern und die Cwn Annwn ihr unheimliches Geheul anstimmen, dann reitet der Feenkönig zur Jagd.
Carys ist gerade erst mit ihrem autistischen Bruder Dylan in den unberührten Norden von Wales gezogen, als ihr ein fürchterliches Unwetter das halbe Dach vom Haus reißt. Am nächsten Morgen steht Arawn vor ihrer Haustür: der Mann mit dem Sturm im Blick. Er lädt die Geschwister zur Wilden Jagd ein und während Dylan jeden Abend mit dem Wind rennt, verliebt sich Carys in den ungestümen Feenkönig. Bis sie selbst zur Beute wird.

Im »Der Herr der wilden Jagd« verwebt Janna Ruth das klassische Märchen von Brüderchen und Schwesterchen mit der walisischen Sage von der Wilden Jagd. Dabei entsteht ein wildromantisches Abenteuer um die Themen Freiheit, Fürsorge und Selbstbestimmung.

Der Klappentext verspricht uns hier ein „wildromantisches Abenteuer um die Themen Freiheit, Fürsorge und Selbstbestimmung“, angelehnt an die walisische Sage der „Wilden Jagd“ und das Märchen „Brüderchen und Schwesterchen“.

All das hab ich hier in dieser Novelle auch durchaus bekommen. Allerdings war mir dieser Kurzroman tatsächlich zu kurz um die Geschichte komplett nachvollziehen, ja wirklich gänzlich fühlen zu können. Ich bin bis zum Schluss das Mäuschen am Rande der Geschichte geblieben, anstatt mittendrin dabei zu sein.

Wer bereits Bücher von Janna Ruth gelesen hat, der weiß, dass ihr Schreibstil einfach wundervoll ist. Die Autorin schafft es spielerisch, ja fast schon poetisch, ernste Themen zwischen die Zeilen zu zaubern. Sie spricht oft nicht direkt Klartext, sondern kitzelt mit blumigen und bildlichen Worten an unseren eigenen Gedanken und lässt so unter Umständen eine Explosion an Emotionen frei.

So ging es mir auch dieses mal, als der Herr der Wilden Jagd, der Feenkönig Arawn höchstpersönlich vor der jungen Carys stand und auf stürmische Weise Einlass in ihr Herz gewährt haben mochte.
Wer würde da nicht schwach werden?

Besagter Arawn ist wirklich eine sehr präsente Gestalt und wer bereits den ersten, unabhängig lesbaren Teil der „Wylden Jagd“ von Tina Skupin gelesen hat, der hat den Feenkönig bereits kurz kennen lernen dürfen. Allerdings von einer anderen Seite. Ihn hier nun in seiner eigenen Geschichte, in seiner geliebten Heimat und seiner rauen Naturgestalt wieder zu sehen, war super genial.

Arawn stürmt also wortwörtlich in Carys’ Leben, welches sie gerade erst mit ihrem Bruder neu aufbauen möchte und bringt alles durcheinander. Er lässt sie an ihre inneren Grenzen stoßen, an selbstauferlegte Grenzen, schließlich hat sie ihr eigenes Leben der Fürsorge und der Aufopferung ihres autistischen Bruders verschrieben. Ja ihre Gefühlswelt gerät ordentlich ins Schwanken.
Wie sie sich schlussendlich entscheidet, was Arawn in ihr auslöst, wie ihr Bruder die Wilde Jagd sowie das Leben generell empfindet und welche Überraschungsmomente die Autorin für uns Leser bereit hält, das müsst ihr natürlich selber heraus finden.

Mich hat Carys’ und Arawns Geschichte nachträglich wirklich sehr begeistert und auch zum Nachdenken angeregt. Allerdings leider wirklich erst nachträglich so richtig, als die Geschichte zu Ende erzählt war und ich sie habe nachwirken lassen.

Ich hätte während dem Lesen einfach an vielen Stellen ein paar Worte mehr gebraucht um die stürmische Liebe zwischen dem Feenkönig Arawn und Carys gänzlich fühlen und den angedeuteten Zwiespalt zwischen Carys’ innerem Gefühlschaos einfach direkt und hautnah spüren zu können.
Mir war einiges einfach zu kurz angedeutet. Die Mischung aus Fantasy und unserer Welt wurden mir nicht realistisch genug dargestellt. Ich hatte da wirkliche Anfangsschwierigkeiten, die Fantasy-Elemente in unsere Welt umzudenken und zu glauben.
Auch liebe ich zwar Klischees und wilde Romantik, gerne sogar beides kombiniert, doch auch diese hinterließen leider oft nur ein Augenrollen bei mir, weil sie einfach zu schnell erfolgt sind und somit plump bei mir ankamen.

Die ernsten, dramatischen Themen wie z.B. Autismus, Selbstaufgabe, Freiheit, Mut oder der eigene innere Kampf, hatten für mich einfach nicht genug Platz in dieser Novelle. Das war in meinen Augen so, als ob die Story mit angezogener Handbremse fahren musste, weil 130 Seiten nun mal einfach nicht ausreichend für die eigentliche Größe der Geschichte sind.

Ich lehne mich jetzt mal weit aus dem Fenster und behaupte, dass mich die gleiche Grundstory, aber nicht als Kurzroman, sondern als etwa 300 Seiten Urban-Fantasy-Buch geschrieben, durchweg begeistert hätte.

Ich hätte Clarys, Arawn und Dylan lieber ungebremst, mit Vollgas und dafür ausführlicher genossen.

Vielleicht seht ihr das aber auch ganz anders und mögt sogar lieber die Kurzversion, wer weiß.

Eine Fantasy-Liebesgeschichte, die vor Ernsthaftigkeit und Tiefgang strotzt, sich aber durch die Buchkürze, die eine Novelle nun mal vorgibt, für mich leider nicht ganz entfalten konnte. Ich hätte es gerne noch detaillierter, noch ergreifender und noch inniger gehabt um wirklich mit allen Hauptprotagonisten verschmelzen zu können. So haben sie alle nur an meiner Oberfläche gekratzt.

Ich liebe grundsätzlich und aus Prinzip den poetischen und bildlichen Schreibstil der Autorin, der hier meiner Meinung nach aber leider ausgebremst wurde.
Die Geschichte hat somit für mich ihr großes Potential ein wenig verschenkt.

☼eure Nicole☼

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